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Zur Beitragspflicht steuerlicher Veräußerungsgewinne

Datum: 18.10.2016

Kurzbeschreibung: Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert ist, hat auch dann Beiträge aus einem steuerlichen Veräußerungsgewinn zu entrichten, wenn der Betrieb nicht veräußert wird, sondern der Versicherte nach Betriebsaufgabe das Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt.
  
Urteil vom 18.10.2016, Az.: L 11 KR 739/16

Der 70jährige Versicherte ist als hauptberuflich Selbständiger freiwillig krankenversichert gewesen. Bis zum Jahr 2012 betrieb er eine Gaststätte. Nach der Betriebsaufgabe entnahm er Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen, ebenso das Betriebsgrundstück.

Das zustände Finanzamt setzte im Jahr 2014 mit dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2012 als Besteuerungsgrundlagen ua Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund 80.000 € fest, darunter 25.000 € als Einzelunternehmer und rund 100.000 € aus Veräußerungsgewinnen abzüglich steuerfrei bleibender Veräußerungsgewinne von 45.000 €. Die beklagte Kranken- und Pflegekasse berücksichtigte die verbleibenden 55.000 € aus Veräußerungsgewinn bei der Bemessung der monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn hatten keinen Erfolg.

Auch die Richterinnen und Richter des Landessozialgerichts haben den Behörden Recht gegeben. Maßgeblich für die Höhe der Beiträge bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten ist die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds. Beitragspflichtig ist auch der steuerliche Veräußerungsgewinn bei Betriebsaufgabe als „Einnahme, die für den Lebensunterhalt verbraucht wird oder verbraucht werden kann“, entschied das Landessozialgericht. Mit der Erfassung von Veräußerungsgewinnen werden auch die bisher nicht realisierten stillen Reserven erfasst. Durch die Aufdeckung der stillen Reserven kommt es zu einem beitragsrechtlich zu beachtenden Vermögenszuwachs im Privatvermögen des Klägers. Die im Gesetz angelegten Parallelität von sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Einkommensermittlung führt dazu, dass die Freibeträge nach dem Einkommensteuergesetz zu berücksichtigen sind. Der Veräußerungsgewinn bei Betriebsaufgabe ist deshalb nach Abzug der steuerrechtlichen Freibeträge bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.

 

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Landessozialgericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

 

Sozialgesetzbuch (SGB)

 § 240 Abs. 1 Satz 1 und 2 Halbsatz 1 SGB V:

Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt.

Dr. Steffen Luik

Richter am Landessozialgericht

- Pressesprecher -

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